Heutzutage hat fast jeder einen Taschenrechner immer und überall dabei – dank des eigenen Smartphones. Wofür dann also noch Kopfrechnen lernen? Die Frage ist leicht beantwortet: Kinder verstehen die Mathematik und die Logik, die dahintersteht, nur dann, wenn sie auch eigenständig damit umgehen können. Wer von klein auf spielerisch mit Zahlen, Ziffern und Mengen in Kontakt kommt, tut sich beim Rechnen in der Schule deutlich leichter. Rechenspiele sind eine tolle Möglichkeit, wie Erzieherinnen und Erzieher schon den Kleinsten den Umgang mit Zahlen beibringen können.
Bevor Kinder spielerisch rechnen lernen, ist ein allgemeines mathematisches Grundverständnis notwendig. Das heißt, dass die Kinder ein Gefühl für die Mengen erhalten, die hinter den Zahlen stehen. Wiederholt ein Kind zum Beispiel immer nur die Gleichung „zwei plus drei ist gleich fünf“, heißt das zwar, dass es diese Aufgabe „lösen“ kann. Das bedeutet aber nicht, dass es diese Lösung auch unbedingt verstanden hat. Spätestens in der Grundschule werden die Aufgaben komplizierter.
Eine pädagogische Herangehensweise, die dieses erste Zahlenverständnis besonders fördert, ist das Zahlenland. Ziel des Zahlenlandes ist es, möglichst viele Sinne und Erfahrungen in die Mathematik einzubeziehen. Jede Zahl beziehungsweise Ziffer erhält genau eine Form und eine Farbe, zum Beispiel für die Ziffer „eins“ ein rotes Quadrat. Anschließend werden möglichst viele Dinge gesammelt, die den Wert der Zahl repräsentieren. Zur Zahl „zwei“ gehören dann zum Beispiel:
Die Kinder sollen also verstehen, dass die Menge zwei von der Art des Gegenstandes losgelöst ist. Das geht nur, wenn die Kids mit besonders vielen unterschiedlichen Dingen in Kontakt kommen. Der Kreativität sind im Zahlenland daher keine Grenzen gesetzt! Aus gleich großen Bausteinen können die Kinder zum Beispiel „Zahlentürme“ bauen. Die Größe der Türme repräsentiert dabei den Wert der Zahl.
Den Zusammenhang zwischen Ziffer und Zahl machen die Bausteine von Sumblox noch anschaulicher. Die Bausteine bilden mit ihrer Form die Ziffer und mit ihrer Höhe den Wert einer Zahl ab. Dadurch wird Mathematik für Kinder im Kindergarten greifbar – und damit verständlich. Das Konzept des Zahlenlandes ist nicht das einzige, das mehrere Sinne der Kinder mit einbezieht. Auch der Zahlenweg der Ziffern null bis neun verknüpft das Zählen des Kindes mit Bewegung, also einer räumlichen Komponente. Dadurch erwirbt das Kind die nötigen räumlichen Kompetenzen, um sich Mathematik wirklich vorstellen zu können.
Es ist wenig überraschend, dass sich spielerisches Rechnen positiv auf die späteren Mathematikleistungen in der Schule auswirkt. Daneben bietet die frühe Förderung im mathematischen Bereich aber viele weitere Vorteile für das Kind.
Denn: Das Rechnen fördert eine Fähigkeit, die sich „mentale Kalkulation“ nennt. Dafür ist vor allem das Merken von Zwischenergebnissen und den weiteren Zahlenfolgen notwendig. Kinder, die hohe Werte bei der mentalen Kalkulation aufweisen, haben oft eine generell bessere Merkfähigkeit. Diese wiederum wirkt sich positiv auf weitere Bildungsbereiche und Entwicklungsziele aus, die nichts direkt mit Mathematik und Technik zu tun haben. Kopfrechnen fördert also nicht nur die mathematische, sondern die gesamte kognitive Entwicklung des Kindes, was für die weitere Bildung elementar ist.
Ein weiterer positiver Effekt für das Kind ist ein gesteigertes Selbstwertgefühl. Kinder definieren ihren Selbstwert im frühen Kindergartenalter noch fast ausschließlich über die eigenen körperlichen Fähigkeiten. In der Vorschulzeit und in der Schule beginnen sie, sich auch über ihre kognitiven Fähigkeiten zu vergleichen und zu messen. Je früher ein Kind mit Mathematik in Berührung kommt, desto leichter fällt ihm das Rechnen. Mit jeder schnell und korrekt gelösten Aufgabe wächst also das Gefühl des Kindes, intelligent und kompetent zu sein. Dieses Selbstvertrauen hilft, auch an andere, schwierigere Aufgaben selbstbewusst heranzugehen.
Ist ein gewisses mathematisches Grundverständnis bei den Kindern bereits vorhanden, können Sie das Rechnen spielerisch in den Alltag einbinden. Wichtig ist dabei, dass im Kindergartenalter immer Spiel und Spaß Vorrang haben – in jedem Fall vor dem „Trainingsaspekt“ oder der Menge an Aufgaben. Deshalb ist es förderlich, wenn Eltern beziehungsweise Erzieherinnen und Erzieher mit ihren Beispielen möglichst nahe an der Lebenswelt der Kinder bleiben.
Um das Rechnen für Kinder attraktiv zu machen, sind Ideen und etwas Kreativität gefragt. Stehen die Eltern zum Beispiel gerade für ein Eis in der Eisdiele an, kann man erste kleine rechnerische Aufgaben stellen: „Eine Kugel Eis kostet einen Euro. Wenn Mama drei Kugeln Eis isst, wie viel muss sie dann bezahlen?“
Wichtig ist es hierbei, das Kind beim Problemlöseprozess nicht allein zu lassen. Kommt es noch nicht eigenständig auf die Lösung, helfen anschauliche Beispiele oder Zwischenschritte weiter. Ist das Rechnen noch recht neu und ungewohnt, darf auch vorerst mit den Fingern nachgeholfen werden. Wichtig ist, dass das Kind das Erfolgserlebnis mitnimmt, auf die richtige Lösung gekommen zu sein. Dadurch bleibt der natürliche Spaß am Rechnen mit dem Erleben der eigenen Kompetenz erhalten.
Generell sind Aufgaben hilfreich, deren Ergebnisse das Kind anschaulich nachprüfen kann. Beim gemeinsamen Tischdecken vor dem Abendessen kann ein Elternteil zum Beispiel sechs Teller herausnehmen und dann fragen: „Ich habe gerade sechs Teller in der Hand, wir sind aber nur zu viert. Wie viele Teller muss ich wieder zurücklegen, wenn der Tisch fertig gedeckt ist?“ Das Kind kann so in jungen Jahren lernen, seine Rechnungen selbst zu überprüfen und die Ergebnisse gegebenenfalls kritisch zu hinterfragen.
Das kritische Hinterfragen ist eine der wichtigsten Kompetenzen beim Kopfrechnen in der Grundschule. Fehler wie „sieben plus sieben ist gleich siebenundsiebzig“ erscheinen auf dem Papier vorerst sinnvoll. Hat das Kind aber ein Verständnis für die Mathematik entwickelt, indem es sich Mengen wirklich vorstellen kann, lassen sich solche Fehler leicht vermeiden. Auch daher ist es im Kindergarten eine zentrale Aufgabe von Erzieherinnen und Erziehern, bei den Kindern vorerst ein allgemeines Verständnis für den Zahlenraum an sich zu schaffen.
Um den Einstieg ins Rechnen zu finden, ist es hilfreich, Materialien zu verwenden, die den Kindern bereits in einem mathematischen Kontext vertraut sind. Oft gehören dazu also Kartenspiele wie „UNO“ oder übliche Würfelspiele. Mit zwei großen Schaumstoffwürfeln, deren Augenzahl die Kinder nach jedem Wurf zusammenrechnen, wird die Addition spielerisch eingeübt. Ein ähnliches Spiel lässt sich mit „UNO“ Karten spielen. Jedes Kind erzählt verdeckt zwei Karten mit Zahlen darauf. Auf ein Signal von Erzieherin oder Erzieher hin, rufen die Kinder so schnell wie möglich die Summe der beiden Zahlen, die sie gezogen haben. Wer seine Summe am schnellsten ausrechnet, bekommt einen Punkt.
Ein anderes Spiel, das Denken und Rechnen mit Bewegung verbindet, ist das Spiel „Mitmach-Mathe“. Dabei werden unterschiedliche Gegenstände im Raum mit unterschiedlichen Zahlen belegt. Haben die Kinder die richtige Lösung für eine Aufgabe berechnet, laufen sie zum passenden Gegenstand im Raum. Dieses Spiel lässt sich auch zu einer Mathematik-Schnitzeljagd ausbauen, die noch mehr Spielspaß verspricht.
Die Kombination aus Mathe und Bewegung bietet auch das Spiel „Eckenrechen“ das sich gleichermaßen in den Alltag von Kindergarten und Grundschule einbauen lässt. Zu Beginn des Spiels stehen alle Kinder in einer Ecke des Raumes. Darauf wird eine Rechenaufgabe, die an die aktuellen Fähigkeiten der Kinder angepasst ist, gestellt. Das Kind, das die richtige Lösung zuerst nennt, darf in die nächste Ecke vorrücken. Wer als Erstes wieder in der Anfangsecke ist, gewinnt das Spiel.
Auch das Spiel „Kreisrechnen“ bringt Kindern Mathematik spielerisch näher. Dabei sitzen die Kinder gemeinsam in einem Kreis und bekommen jeweils eine Zahl, die sie sich merken müssen. Beherrschen die Kinder erst den Zahlenraum von eins bis zehn, beginnt die Erzieherin oder der Erzieher ab der Zahl zehn wieder von vorne.
Ein Kind stellt sich in die Mitte und sagt eine Rechenaufgabe für alle Kinder laut auf. Das Ergebnis der Aufgabe liegt dann immer im Zahlenraum von null bis zehn. Das Kind, das die Ergebniszahl am Anfang zugewiesen bekommen hat, steht möglichst schnell auf und sagt sein Ergebnis laut auf. Braucht ein Kind zu lange oder steht es bei einem falschen Ergebnis auf, muss es in die Mitte. Es sagt die nächste Aufgabe an.
Spiele, die kognitive und koordinative Fähigkeiten – also Denken und Bewegung – verbinden, machen Kindern eine Menge Spaß. Eine Spielidee, die diese beiden Elemente verknüpft, nennt sich „Rechenbasketball“. Das Spiel kann von mindestens drei Kindern, aber auch in größeren Gruppen gespielt werden. Dabei werden drei Körbe, die auch einfach Eimer in unterschiedlichen Farben sein können, unterschiedlich weit von den Kindern aufgestellt.
Der Korb, der am weitesten entfernt ist, zählt dabei drei Punkte, der mittlere Korb zwei Punkte und der nächste Korb einen Punkt. Die Erzieherin oder der Erzieher sagt eine Rechenaufgabe laut auf. Die Kinder berechnen die Lösung und werfen darauf so schnell wie möglich die Bälle so in die Körbe, dass sie auf das genaue Endergebnis kommen. Rechenbasketball nutzt daher die natürliche Freude von Kindern an Bewegung. Es fördert die Auge-Hand-Koordination und gleichzeitig die mathematische Rechenkompetenz der Kinder unter Zeitdruck.
Kinder lernen besonders gerne, wenn sie einen direkten Mehrwert in dem Gelernten sehen. Zeigen Sie dem Kind die Anwendungsbereiche von Mathematik und später Technik direkt auf! Ein Kind, das gut rechnen kann, kann ausrechnen, welche Menge an Mehl in den Kuchenteig gehört. Es kann ausrechnen, wie lange der Kuchen im Ofen bleibt. Damit nicht genug: Es kann die Kosten der Zutaten ausrechnen und damit vergleichen, wie viel der Kuchen insgesamt gekostet hat.
Haben Kinder den Sinn von Mathematik einmal verstanden, haben sie auch Spaß daran. Mit einigen pädagogischen Spielen und den richtigen Anreizen von Erzieherinnen und Erziehern steht der mathematischen Entwicklung der Kinder in den Vorschuljahren nichts mehr im Wege.
Autor: Redaktion Pro Kita-Portal (2020)