Das Entwicklungsgespräch ist für Eltern ein jährlicher Termin, der mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden ist. Auch für Erzieherinnen und Erzieher können Entwicklungsgespräche zu einer Herausforderung werden. Vor allem, wenn ein Kind nicht die vorgesehenen Entwicklungsziele erreicht hat. Wertvolle Tipps helfen Ihnen bei der Vorbereitung des Gesprächs und dabei, die Inhalte in Ruhe zu besprechen. So können Sie Ihre Beobachtungen teilen, die das Fundament für die zielgerichtete Förderung der Kinder darstellen.
Es gibt viele verschiedene Situationen, in denen die Eltern im Alltag mit den pädagogischen Fachkräften ins Gespräch kommen – Woche für Woche. Bei Tür- und Angelgesprächen geht es meistens nicht in die Tiefe. Hier steht der Small Talk im Vordergrund. Elternabende im Kindergarten dienen in aller Regel dazu, wichtige Informationen und Termine zu besprechen.
Um jedoch mehr Zeit dafür zu haben, ausgiebig über die Entwicklung der einzelnen Kinder zu reden, findet mindestens einmal im Jahr das Entwicklungsgespräch statt. Häufig wird ein solches auch nach der Eingewöhnung in der Kita oder der Krippe durchgeführt. Ziel ist es hierbei, mit den Eltern in Ruhe über das Verhalten und den Entwicklungsstand ihrer Kinder zu sprechen. Dieses Gespräch trägt einen wichtigen Teil zur Elternarbeit in der Kita und zur Erziehungs- sowie Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und Kindergarten bei.
Besonders Eltern, die zum ersten Mal eine Einladung zum Entwicklungsgespräch erhalten, sind häufig unsicher. Sie wissen nicht, was sie erwartet. Wichtig ist von Beginn an: Vermitteln Sie den Elternteilen, dass Entwicklungsgespräche keine Problemgespräche sind, bei denen Konflikte thematisiert werden.
Klären Sie, dass es Ihr Anliegen ist, die Eltern ins Bild zu setzen, wie sich das Kind im Kindergarten entwickelt. Es ist Usus, alle Besonderheiten in der individuellen Entwicklung des Kindes – sowohl die Stärken als auch etwaige Schwächen – offen und auf Augenhöhe anzusprechen.
Hierfür ist es wichtig, mit den Müttern und Vätern ins Gespräch zu kommen: Es geht um einen konstruktiven Austausch von Beobachtungen – aus dem Kita- wie auch dem Familienalltag zu Hause. Beide Parteien sollen am Ende neue Anregungen erhalten, die eigene familiäre oder pädagogische Erziehung mit dem neuen Wissen zu optimieren.
Dabei ist das Entwicklungsgespräch viel mehr als ein Tür- und Angelgespräch, bei dem man sich kurz über besondere Ereignisse in der Gruppe unterhält. Als Erzieherin oder Erzieher nehmen Sie sich die Zeit und die Ruhe, sich einmal im Jahr zusammen mit den Eltern an einem Tisch zu setzen.
Als Grundlage für das Gespräch dient das Entwicklungsportfolio. Je nach Einrichtung enthält es einen Beobachtungsbogen, Arbeiten des Kindes und womöglich sogar verschiedene Foto- oder Videoaufnahmen des Kindes. Anhand dieses Portfolios können Sie die Entwicklung des Kindes gemeinsam mit den Eltern nachvollziehen. Eine eingehende Vorbereitung auf das Gespräch ist daher Pflicht.
Noch vor dem eigentlichen Gespräch ist es wichtig, eine Erkenntnisgrundlage zu schaffen. Wie beschrieben, gibt es keine festgelegte Form für das Entwicklungsportfolio. Essenziell ist für die eigenen Aufzeichnungen jedoch der Grundsatz „Beobachten und Dokumentieren“:
Antworten auf diese Fragen lassen sich nur durch ein längerfristiges Beobachten und anschließendes Dokumentieren geben. Halten Sie das, was Sie sehen zunächst wertfrei fest.
In einem weiteren Schritt und nach Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen lässt sich dann eine Einschätzung über den Entwicklungsstand des jeweiligen Kindes geben. Wichtig ist, den Grundsatz Beobachten und Dokumentieren nicht über den natürlichen Umgang mit den Kindern zu stellen.
Keinesfalls sollten die Jungen und Mädchen bemerken, dass sie gerade „unter Beobachtung“ stehen. Vielmehr erfolgt die Anfertigung des Entwicklungsportfolios aus dem alltäglichen Miteinander, bei dem bestenfalls immer nur ein Kind im Fokus steht.
Das Entwicklungsgespräch in der Einrichtung sollte von den pädagogischen Fachkräften gut geplant sein. In der Regel dauert das Gespräch eine Stunde und sollte diesen Rahmen auch nicht überschreiten. Ein Teil der Vorbereitung besteht darin, die erforderlichen Beobachtungen festzuhalten und Material mitzubringen, auf dem sich Ihre Einschätzung stützt. Von Fotos, über Videos aus dem Alltag im Kindergarten bis hin zum Beobachtungsbogen: Die Dokumentationsmöglichkeiten sind so unterschiedlich wie die Kinder der Gruppe selbst.
Ein gutes Elterngespräch im Kindergarten setzt eine ausreichende Vorbereitung der Erzieher voraus. Hierfür bietet sich die Ausarbeitung eines Leitfadens an. Dieser beinhaltet nicht nur einen groben Umriss des Gesprächsablaufs, sondern auch den Beobachtungsbogen und andere Dokumente, auf die sich die pädagogische Fachkraft bei ihren Beobachtungen stützt. Durch ein Portfolio gelingt es zudem, schneller auf präzise Fragen der Eltern zu antworten.
Damit sich die Eltern bereits im Vorfeld Gedanken machen und auf das Gespräch vorbereiten können, ist es sinnvoll, die Mütter und Väter vorher in einer Einladung über Ablauf, Ideen und Inhalte des Elterngesprächs zu informieren. Diese Informationen lassen sich auch bei einem Elternabend in der Kita thematisieren. Ein solcher Abend bietet die Möglichkeit, schon im Vorfeld organisatorische Fragen zu klären. So bleibt beim Entwicklungsgespräch selbst mehr Zeit für den kommunikativen Austausch. Eine schriftliche Einladung sollte dennoch zusätzlich angefertigt werden. Auf diese Weise wissen alle Eltern der Gruppe auch nach dem Elternabend im Kindergarten, was die wichtigen organisatorischen Punkte des Entwicklungsgesprächs sind.
In der Regel nehmen nur eine Erzieherin oder ein Erzieher und die Eltern an dem Gespräch teil. Die Entwicklungsgespräche sollten frühzeitig angekündigt werden, damit im besten Fall beide Elternteile kommen können, um über die Tochter oder den Sohn zu reden. Es gibt aber auch Situationen, insbesondere bei Schwierigkeiten oder Problemen, in denen die Kita-Leitung, der Kinderarzt oder Therapeuten hinzugezogen werden. Dies sollte vorab unbedingt mit den Eltern abgesprochen werden.
Bevor Sie das Gespräch führen, sollten Sie sich außerdem mindestens eine Woche vorher erkundigen, ob ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Dies können Sie auch bereits auf der Einladung als Vermerk notieren. Damit das Gespräch offen und verständlich für beide Parteien verläuft, sollten Sie alle Sprachbarrieren aus dem Weg räumen.
Einmal im Jahr soll es bei einem Entwicklungsgespräch – wie es schon der Name sagt – nur um die Entwicklung des Kindes gehen. Die Basis für das Gespräch stellt die fundierte objektive Beobachtung der Erzieherinnen und Erzieher dar. Andere Themen, wie organisatorische Fragen oder allgemeine Termine aus dem Alltag, sollten bei diesem Gespräch in den Hintergrund rücken.
Zu den Bereichen, die die Entwicklung des Kindes betreffen, zählen unter anderem:
Im Gespräch sind Eltern zu informieren, wie sich das Kind mit den anderen der Gruppe versteht oder mit welchen Spielmöglichkeiten es sich besonders intensiv auseinandersetzt. Auch Themen, wie selbstständiges Basteln, Essen und zur Toilette gehen, sind von Interesse.
Hierbei sind auch Fragen der Eltern durchaus willkommen. Haken Sie auch ruhig nach, wie sich das Kind zu Hause benimmt. Vor allem bei Auffälligkeiten beim Basteln oder Spielen lohnt es sich, auch auf den familiären Bereich zu schauen: Verhält sich das Kind dort ähnlich?
Besonders das Entwicklungsgespräch vor dem Eintritt in die Schule ist sehr wichtig.
Hier geht es darum, zu beurteilen, ob die Mädchen und Jungen fit und bereit für die Anforderungen der Schule sind:
Wenn Sie Defizite erkennen, sollten Sie als Erzieherin oder Erzieher gemeinsam mit den Eltern besprechen, welche Wege es gibt, das Kind bestmöglich zu fördern.
Die Beobachtungsbögen, die eine wichtige Stütze beim Entwicklungsgespräch und allgemein bei der Elternarbeit in der Kita bilden, sind bundesweit verschieden, aber verpflichtend. Kitas können eigene Verfahren entwickeln, um einmal im Jahr mit den Eltern über die Entwicklung des Sohnes oder der Tochter zu sprechen. Demnach fallen auch die Beobachtungsbögen unterschiedlich aus.
Wichtig ist hierbei jedoch, dass es sowohl Skalen geben sollte, bei denen verschiedene Fähigkeiten bewertet werden. Auch sollten Kommentarfelder zur genaueren Beschreibung des Verhaltens vorhanden sein. Auf diese Weise ist eine differenzierte Einschätzung möglich: So schafft ein Kind vielleicht nicht ein ganzes Puzzle, beweist aber dennoch gute feinmotorische Fähigkeiten.
Für eine gute Einschätzung der Entwicklung der Jungen und Mädchen in der Kita ist es zudem notwendig, die Kinder über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten. Gleichzeitig sollten die Beobachtungen durch mehrere Kolleginnen und Kollegen festgehalten werden. So vermeiden Sie eine womöglich einseitige Sichtweise.
Je detaillierter die Fragen in einem Beobachtungsbogen sind, desto weniger Interpretationsspielraum gibt es. Fragen wie, „Spielt das Kind eigenständig mit Spielfiguren?“, sollten ergänzt werden durch „Spielt das Kind dabei auch mit anderen?“ oder „Baut es dabei ganze Städte und denkt sich Szenarien aus?“.
Der Beobachtungsbogen ist eine Hilfestellung, Stärken und Schwächen frühzeitig zu erkennen. So können sowohl Eltern wie auch Erzieherinnen und Erzieher möglichen Schwierigkeiten im Alltag entgegenwirken und Begabungen fördern. Dabei sollte der Fokus darauf liegen, dem Kind die beste Umgebung und Unterstützung zu bieten, sodass es seine Fertigkeiten eigenständig verbessern kann. Dies fördert das Selbstbewusstsein des Kindes und gleichzeitig seine Eigenständigkeit.
Natürlich kann ein Kind nicht in allen Punkten die besten Werte erzielen, die der Beobachtungsbogen vorgibt. Das ist klar, denn jeder Mensch hat andere Stärken und Schwächen, die sich individuell fördern lassen. Ein weiterer Vorteil vom Beobachtungsbogen: Die Dokumentation macht die pädagogische Arbeit nachvollziehbar. Das stärkt nicht zuletzt auch das Vertrauen in die pädagogischen Fachkräfte.
Grundsätzlich gilt bei dem Entwicklungsgespräch: Die pädagogische Fachkraft der Einrichtung hat höchstwahrscheinlich einen größeren Redeanteil als die Eltern. Immerhin wollen diese über die Entwicklung ihres Sohns oder ihrer Tochter im Kita-Alltag in Kenntnis gesetzt werden. Dennoch sollte das Elterngespräch kein Monolog sein.
Es geht um den Austausch miteinander. Hierfür ist es ratsam, während des Entwicklungsgesprächs Notizen zu führen. So haben Sie einen kurzen Bericht für das folgende Gespräch, um spätestens im nächsten Jahr wieder alle relevanten Informationen auf dem Schirm zu haben. Ein Beispiel, wie ein gelungenes Entwicklungsgespräch ablaufen kann:
Falls es den Müttern und Vätern schwerfällt, eine eigene Position einzunehmen, können Sie diese animieren, eigene Beobachtungen zu teilen. Das Entwicklungsgespräch hat das Ziel, dass sich Eltern und Erzieher in gewissen Eckpunkten einig sind und gemeinsam Ziele verfolgen. So kann die Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Kita dem Kind Kontinuität vermitteln.
Machen Sie den Eltern klar, dass es sich bei dem aktuellen Entwicklungsstand nur um eine Momentaufnahme handelt. Diese kann sich auch schnell wieder ändern. Keiner sollte voreilig Grund zur Sorge haben. Mit einer guten Erziehungspartnerschaft und einer sorgsamen Elternarbeit in der Kita steht einer optimalen Förderung des Kindes nichts mehr im Wege.
Generell gilt für jede Art von Gespräch oder Situation in der Einrichtung: Als Erzieherin oder Erzieher sollten Sie zu jeder Zeit Professionalität und Ruhe wahren. Demnach erfordert auch jede Gesprächsart, ob nun Elternabend in der Kita, Small Talk oder eben auch das Entwicklungsgespräch eine eigene Herangehensweise. Hierfür gibt es verschiedene Wege, richtig mit den Eltern zu kommunizieren. Grundlegende Punkte und Tipps sind zum Beispiel:
Ein häufiges Problem ist, dass viele Eltern gegenüber den Entwicklungsgesprächen negativ eingestellt sind. Durch eine pädagogische Bewertung fühlen sich viele Eltern unter Druck gesetzt, Maßnahmen einzuleiten. So zum Beispiel das Kind zu einem Kinderarzt, Psychologen oder Logopäden zu schicken. Jedoch ist genau das der Knackpunkt. Das Entwicklungsgespräch darf in keinem Fall nur Kritik beinhalten. Auch die Stärken der Mädchen und Jungen stehen im Vordergrund.
Tipp: Zeigen Sie den Eltern bei dem Elterngespräch nicht den Beobachtungsbogen, sondern sprechen Sie über die Talente und Fortschritte des Kindes aus dem Alltag. Viele Eltern sehen in dem Bogen lediglich Zahlen und eine Form der Bewertung ihres Kindes. Da kann es schnell zu Missverständnissen kommen. Die Erziehungspartnerschaft im Kindergarten basiert auf einer Begegnung auf Augenhöhe. Eltern und Erzieher sollten gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Mädchen und Jungen bestmöglich zu fördern.
Autor: Redaktion Pro Kita-Portal (2020)