Der Gruppenclown im Mittelpunkt – So helfen Sie auffälligen Kindern

Damaris fällt durch ihr Verhalten in der Gruppe auf – und das jeden Tag. Sie benimmt sich sehr häufig anders als die anderen Kinder: Im Gesprächskreis zappelt sie herum und verleitet andere Kinder zu Störungen. Bei Angeboten kann es passieren, dass sie einfach aufsteht und davonläuft. Feste Freundschaften hat sie keine, sie spielt nur ab und an mit verschiedenen Kindern und auch die Erzieherinnen sind sich in der Beurteilung der Entwicklung von Damaris unsicher, da sie selten ihr Können zeigt. Denken Sie nun auch: „Was für ein anstrengendes und auffälliges Kind!“? Vielleicht kennen Sie ähnliche Fälle und haben sich schon des Öfteren gefragt, wie Sie diesen Kindern begegnen können. Die 1. Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet: „Warum verhält sich das Kind so?“

Ärger ist auch eine Reaktion

In den meisten Fällen möchten Kinder mit diesem Verhalten Aufmerksamkeit erzeugen. Viele von ihnen haben ein schwaches Selbstbewusstsein und aufgrund von Entwicklungsrückständen fehlen ihnen die entsprechenden Erfolgserlebnisse. Daher wissen die Kinder nicht, wie sie auf andere Kinder zugehen sollen, und können auch nicht einschätzen, mit welchem Verhalten sie positive Reaktionen hervorrufen können. Wenn diese Kinder nun beginnen zu „kaspern“, erreichen sie damit Aufmerksamkeit, wenn auch negativ: Die Kinder beachten ihr Verhalten und schauen auf sie und die Erzieherinnen „kümmern“ sich um sie. So lernen die Kinder dabei, jedes Mal mehr aufzufallen, um beachtet zu werden. Wir alle kennen dieses Prinzip als „negative Verstärkung„.

Die Kinder brauchen Ihre Hilfe!

Doch so sehr diese Kinder uns auch anstrengen und herausfordern: Sie brauchen die Hilfe von Erwachsenen. Daher ist Ihre erste und wichtigste Aufgabe, bei verhaltensauffälligen Kindern zu beobachten! Nehmen Sie sich die Zeit, das Kind über mehrere Tage in verschiedenen Situationen zu beobachten. Beschränken Sie sich in Ihren Notizen zuerst auf die reine Beschreibung der Situation und das Verhalten des Kindes. Vorsicht: Vermeiden Sie Bewertungen und Wörter wie „oft, immer, nie“.

Beispiel: Anstatt „Ich beobachte, dass Damaris nun schon den ganzen Morgen im Zimmer herumkaspert, die Kinder ärgert und nie zur Ruhe findet“, schreiben Sie, was Sie konkret beobachten: „Seit 5 Minuten sitzt Damaris unter dem Tisch, an dem einige Kinder ein Tischspiel spielen. Sie hat in der Zeit 2 Kinder abwechselnd insgesamt 5-mal am Hosenbein gezogen.“
Betrachten Sie nach Ihren gesammelten Beobachtungen jede einzelne Verhaltens- und Situationsbeschreibung genau und sprechen Sie darüber auch mit anderen Kolleginnen. Vielleicht hat diese einen anderen Blick auf das Kind als sie. Folgende Fragen helfen Ihnen bei der Auswertung Ihrer Eindrücke:

Liste mit Auswertungsfragen für verhaltensauffällige Kinder  

Was glauben Sie:
  • Verhält sich das Kind so, weil es einer konkreten Anforderung nicht gerecht wird?
  • … es keine Freunde findet?
  • … es Angst vor Größeren hat?
  • … es sich und seinen Fähigkeiten nichts zutraut?
  • … es durch andere in diese Rolle gedrängt wird?
  • … es nicht weiß, was von ihm erwartet wird?
  • … es meint, die Erwartungen der anderen erfüllen zu müssen?

Sprechen Sie spätestens nach Ihrer Auswertung mit anderen Kolleginnen darüber. Einige Probleme lassen sich eventuell mit wenigen Mitteln beheben:
Wenn das Kind häufig bei einer Bastelarbeit herumkaspert, fehlt ihm möglicherweise die Übung: Dann braucht es Ihre Unterstützung und konkrete Hilfe. Das Kind muss spüren, dass Sie sich Zeit nehmen, ihm helfen und auch bei Misserfolgen beistehen. Schritt für Schritt werden Lernerfolge eintreten.
Helfen Sie dem Kind, indem Sie es positiv verstärken: Verhält sich das Kind nicht auffällig, geben Sie ihm positive Rückmeldung. Machen Sie auch die anderen Kinder auf das „neue“ Verhalten aufmerksam: „Mensch, Damaris, nun haben wir ja richtig schön miteinander dieses Tischspiel gespielt. Das hat mir Spaß gemacht – danke!“ Auch bei Kindern, die wenig Selbstbewusstsein besitzen, sollten Sie sehr viel mit positiver Verstärkung arbeiten.

Dann sollten Sie an die Eltern herantreten

Es gibt Situationen, die Sie nicht alleine lösen können:

  • Wenn das Verhalten des Kindes sich trotz Ihrer Bemühungen nicht verändert
  • Wenn Sie den Eindruck haben, dass das Verhalten andere Ursachen als oben beschrieben hat
  • Wenn Sie sich gar nicht erklären können, woher das Verhalten kommen kann

Dann sollten Sie das Gespräch mit den Eltern suchen. Teilen Sie ihnen Ihre Beobachtungen aus dem Alltag mit – vergessen Sie dabei aber auch nicht zu erwähnen, was das Kind gut kann! Der Blick sollte nie allein auf den Defiziten liegen. Überlegen Sie mit den Eltern, ob sie ähnliche Beobachtungen im Verhalten ihres Kindes machen. Vielleicht liegt aber auch zu Hause eine ungeklärte oder schwierige Situation in der Familie vor, von der Sie nichts wissen, die aber das gesamte Verhalten des Kindes erklärt. Nach diesem Austausch überlegen Sie gemeinsam konkrete Schritte: Wie können Sie das Kind unterstützen?

Die Möglichkeiten sind so individuell wie die Verhaltensweisen der Kinder. Eine einzige richtige Lösung gibt es nicht. Aber ich wünsche Ihnen, dass Sie zusammen mit den Eltern den besten Weg für jedes Kind finden!