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In der Natur können Kinder an ihre Grenzen gehen

Grenzerfahrungen in der Natur? Schnell kommen da Gedanken von Überlebenstraining und Adventure-Trips. So weit müssen Sie mit den Kindern nicht gehen, um ihnen zu helfen, sich selbst und ihre eigenen Grenzen zu erfahren und zu erweitern. Denn die Natur bietet einzigartige Möglichkeiten und Erfahrungsfelder und besitzt einen hohen Aufforderungscharakter für die Kinder.

Voraussetzungen für „natürliche“ Grenzerfahrungen

Ihre Einrichtung muss weder in einem Naturschutzgebiet liegen, noch brauchen Sie eine naturpädagogische Zusatzausbildung. Die wichtigste Voraussetzung ist Ihre Freude daran, einfach draußen zu sein und sich in der Natur zu bewegen. Praktische Voraussetzung ist auch, dass Sie Naturgebiete relativ einfach mit den Kindern erreichen können. Überprüfen Sie Ihre Umgebung nach Möglichkeiten, entweder zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln Wälder, Wiesen, Bachläufe oder Naherholungsgebiete zu erreichen.

Folgendes ist dabei zu beachten: Felder und Wiesen dienen meist der landwirtschaftlichen Nutzung, Sie brauchen daher das Einverständnis des Besitzers oder Pächters, sie betreten zu dürfen. Wälder, Naturschutz- und Naherholungsgebiete sind für jeden frei. Dabei ist naturverträgliches Verhalten, wie Abfallvermeidung und Achtsamkeit, selbstverständlich

Das Besondere an der Natur

Wo liegen nun die Unterschiede der Naturpädagogik zu den Erfahrungen, die die Kinder in Ihrer Einrichtung machen?

Die Natur ist echt, das heißt, die Kinder spielen eine Situation nicht nur nach, sondern „er-leben“ sie mit all ihren Sinnen.
Das Spiel in der Natur fordert Durchhaltevermögen: „Wenn ich mich entschieden habe, auf einen Baum zu klettern, kann ich mich auf halber Höhe nicht einfach fallen lassen, weil ich keine Lust mehr habe!“ Der Stolz auf die eigene Leistung und dieses direkte Erleben, wenn der Baum erklettert ist, wirken sich nachhaltiger auf die Selbstwahrnehmung und somit das Selbstbewusstsein aus als das Fremdlob, z. B. für einen tollen Turm oder ein schönes Bild. Zudem bewerten Kinder körperliche Leistungen meist höher als z. B. feinmotorische oder kognitive.
Grenzerfahrungen sind sowohl in der Einrichtung als auch in der Natur möglich. Die Natur ergänzt den Erfahrungsspielraum der Kinder und bezieht ganz „natürlich“ die Ganzheitlichkeit des Kindes mit ein.
Die Natur besitzt einen hohen Aufforderungscharakter. Damit werden die Kinder zur Aktivität herausgefordert und ihre Leistungsbereitschaft steigt.
Die Kinder, die sich in der Einrichtung eher problematisch verhalten und bei den anderen Kindern anecken, können sich selbst in der Natur positiv erleben, weil andere Fähigkeiten gefragt sind. So können sie in der Gruppe eine neue Rolle einnehmen.

Grenzerfahrungen bieten

In unten stehender Tabelle sind die Erfahrungsbereiche, in denen die Kinder ihre Grenzen testen wollen, den Aktivitäten, die dies ermöglichen, gegenübergestellt. Nicht nur die Kinder können sich in der Natur neu erleben und ihre Grenzen erweitern, auch Sie selbst werden diese Erfahrung machen: Während Sie im normalen Alltag pädagogische Erlebnisse für die Kinder bewusst gestalten und initiieren, ergibt sich das in der Natur ganz von allein. Sie brauchen nur auf das zu reagieren, was einfach da ist und dadurch die Kinder anspricht. Und so werden Sie zum Begleiter und Partner im kindlichen Tun. Lassen Sie sich von der Begeisterung der Kinder für das Einfache und Natürliche anstecken!

Tabelle: Erfahrungsbereiche, die Kinder testen wollen

Erfahrungsbereich	Erfahrungsmöglichkeiten
Kraft	Baumstamm, Steine schleppen Wasser tragen Ausrüstung transportieren
Ausdauer	weite Wege durchhalten viele Möglichkeiten ausprobieren, bis z. B. das Dach der Baumhütte endlich hält eine angefangene Aktivität zu Ende bringen wollen
Mut	klettern balancieren über einen Bachlauf gelangen über Gräben springen mit verbundenen Augen geführt werden unbekannte Gebiete erforschen Spinnen, Schnecken oder Ähnliches berühren
Eigenverantwortung	allein losziehen dürfen anderen helfen oder der „Bestimmer“ sein Verantwortung für wertvolle Ausrüstung, z. B. Fernglas, übernehmen selbst den richtigen Weg finden