Kinder unter 3 brauchen Ihre gesamte Aufmerksamkeit: Sie sind ständig aktiv, reagieren impulsiv und oft unvorhergesehen. Doch was genau fordert die Aufsichtpflicht nun von Ihnen? Was können Sie den Kleinen zutrauen, was müssen Sie verbieten, wenn Sie rechtlich auf der sicheren Seite bleiben wollen?
Die Aufsichtspflicht liegt zunächst bei den Eltern und ist als Teil der Personensorge im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. § 1631 Abs. 1 lautet: „Die Personensorge umfasst insbesondere das Recht und die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.“ Die enthaltene Pflicht der Beaufsichtigung bedeutet, dass sowohl das Kind selbst vor Schäden zu bewahren ist, als auch Dritte vor Schäden, die das Kind verursacht. Mit dem Aufnahmevertrag ist geregelt, dass diese Aufsichtspflicht mit der morgendlichen Begrüßung von den Eltern auf Sie übergeht.
Besondere Kriterien der Aufsichtsführung für Kinder unter 3 werden im Gesetz nicht genauer geregelt. Sie gelten wie für alle anderen Kinder auch.
Dennoch helfen Ihnen die folgenden 5 Kriterien der Aufsichtsführung, Ihre Aufsichtspflicht Kindern unter 3 gegenüber rechtlich korrekt auszuführen.
Je älter ein Kind wird, desto mehr Erfahrungen kann es im Umgang mit Gefahren sammeln und desto größer wird sein Verantwortungsgefühl für sich selbst und für andere. Deshalb gilt für Sie folgende Formel: Je jünger ein Kind ist,
Deshalb können Sie Kinder unter 3 beispielsweise nie unbeaufsichtigt im Gruppenraum zurücklassen. Älteren Kindergartenkindern darf das für kurze Zeit unter bestimmten Bedingungen durchaus zugetraut werden.
Genauso wichtig ist es, dass Sie den individuellen Entwicklungsstand des einzelnen Kindes berücksichtigen. Der Gesetzgeber erwartet hier von Ihnen, dass Sie Ihre Art der Aufsicht immer am tatsächlichen Entwicklungsstand des Kindes orientieren. Das heißt in der Folge, dass sie umso aufmerksamer geführt werden muss, je weiter ein Kind in seiner Entwicklung – verglichen mit Kindern desselben Alters – zurücksteht.
Alle Kinder unter 3 sind allerdings auf einem Entwicklungsstand, auf dem sie ihre Fähigkeiten, ihr Tun und die Folgen davon noch nicht realistisch einschätzen können. Deshalb können Sie sie beispielsweise nicht alleine an der Rutsche spielen lassen, ohne dass Sie in direkter Nähe stehen.
Kinder unterscheiden sich sehr in ihren individuellen Eigenschaften. Während das eine Kind eher ruhig und gemächlich handelt, reagiert das andere Kind spontan und impulsiv. Auch diese unterschiedlichen Eigenschaften müssen Sie in der Aufsichtsführung berücksichtigen. Dem ruhigen Kind können Sie den selbstständigen Umgang mit der Schere erlauben, wenn Sie mit am Tisch sitzen. Das Kind, das schnell und impulsiv handelt, sollten Sie eher auf dem Schoß haben, wenn es mit der Schere umgeht, um unverzüglich handeln zu können, wenn es nötig ist.
Die Erfahrungen des kleinen Kindes sind ein weiteres Kriterium für Ihre Aufsichtsführung. Wie das Kind in einer bestimmten Situation, wie beispielsweise dem selbstständigen Fahren mit dem Laufrad, beaufsichtigt werden muss, hängt wesentlich davon ab, welche Vorerfahrungen es dafür mitbringt. Ein Kind, das auch zu Hause regelmäßig Laufrad fährt, kann sich im Hof weiter von Ihnen entfernen als ein Kind, das den Umgang damit erst lernt.
Es gilt: Je selbstständiger und erfahrener ein Kind in einer bestimmten Tätigkeit ist, desto freilassender darf Ihre Aufsicht sein.
Ihre Aufsicht müssen Sie zudem den gerade aktuellen Bedingungen anpassen, z. B.:
Im Bemühen um eine rechtssichere Aufsicht müssen Sie aber gerade den Kindern unter 3 Freiräume bieten, um Selbstständigkeit und Selbstvertrauen zu entwickeln. Die Kinder haben ein Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und auf eine Erziehung zu Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Deshalb darf die Aufsicht nicht zur dauerhaften Kontrolle und Bevormundung werden. Das veranschaulicht folgender Gesetzestext: Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG): „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt (…).“
Behalten Sie die Kriterien der Aufsichtsführung stets im Kopf. Das heißt für Sie, dass Sie ständig abwägen müssen, welchem Kind Sie welche Tätigkeit zu welchem Zeitpunkt zutrauen können. Dennoch sollten in all Ihren pädagogischen Aktivitäten die fortschreitende kindliche Entwicklung und der Erziehungsprozess im Vordergrund stehen.