Offene Arbeit – Auf diese Prinzipien können Sie bauen

Offene Arbeit kann eine ideale Form in der Kindergartenpädagogik sein, in der die Kinder in einer angenehmen Atmosphäre spielen und lernen. Allerdings gelingt das Konzept der offenen Arbeit nicht zwangsläufig und auch nicht in jeder Einrichtung. Lesen Sie hier, welche Vorüberlegungen Sie dazu anstellen und welchen Prinzipien Sie genügen sollten.

Definieren Sie anregende Spiel- und Lernbereiche für die offene Arbeit

Offene Arbeit in der Kindertageseinrichtung ist die Form von Pädagogik, in der sich die Kinder ihre Spielpartner, die Erzieherinnen, die Art der Beschäftigung und die Räumlichkeiten frei auswählen können. Bevor Sie dazu übergehen, die Gruppenstrukturen in Ihrer Einrichtung aufzulösen, sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Team Vorüberlegungen treffen, welche Spiel- und Lernbereiche Sie anstelle der Gruppen zukünftig für die offene Arbeit bieten möchten. Legen Sie so genannte „Grundbereiche“ fest, z. B. den Rollenspielbereich, den Lesebereich, den Bewegungsraum, den Kreativbereich oder den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich.

Ergänzende Spiel- und Lernbereiche können Sie je nach Bedarf und Projektthemen hinzufügen, z. B. den PC-Bereich, die Experimentierecke, den Wasser- und Matschbereich oder das Mathematiklabor.
Wichtiger Hinweis: Orientieren Sie sich bei den Spiel- und Lernbereichen, die Sie für die offene Arbeit gestalten wollen, unbedingt an den derzeit gesetzlich vorgeschriebenen Bildungsvorgaben oder dem Bildungsplan Ihres Bundeslandes. Die Tabelle auf der nächsten Seite zeigt Ihnen, wie Sie Bildungsvorgaben und die Spielbereiche Ihrer Einrichtung professionell und passend miteinander verknüpfen können.

Freies und gelenktes Spiel – Beides ist für die offene Arbeit wichtig

Spielen ist von grundlegender Bedeutung für die ganzheitliche Entwicklung des Kindes. Deshalb sollten die Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten in Ihrer Einrichtung möglichst breit und vielfältig gestreut sein. In der offenen Arbeit kann sich jedes Kind frei im Spiel entfalten, indem es die Aktionsräume aufsucht, die gerade seinem Interesse entsprechen. Dort kann es sich beliebig lange mit einer Sache beschäftigen. Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen kommt dabei die anspruchsvolle Aufgabe zu, die Kinder im Spiel möglichst genau zu beobachten und zu begleiten, ohne jedoch die eigenen Ideen und Vorstellungen in den Vordergrund zu stellen. Spielende Kinder bieten Ihrem pädagogischen Personal eine unerschöpfliche Quelle an Informationen. Ihre Mitarbeiterinnen sollten die Kinder in ihrem Spiel gezielt unterstützen und darauf achten,

  • ob die Kinder weiterführende Materialien brauchen,
  • ob sie mehr wissen möchten,
  • welches Interesse vorherrscht,
  • welche Fragen die Kinder stellen,
  • wie dieser Wissensdurst spielerisch gestillt werden kann,
  • ob sie ein gezieltes oder vertiefendes Angebot brauchen,
  • ob die Räume und verschiedenen offenen Angebote für die Kinder noch anregend und herausfordernd genug sind,
  • ob das Interesse so groß ist, dass daraus ein weiterführendes Projekt entstehen könnte.

Im gelenkten Spiel bringen Sie und Ihre Mitarbeiterinnen eigene Spielvorschläge ein oder Sie geben wichtige Impulse in Form von Angeboten. Dadurch erweitern sich Horizont und Wissen der Kinder immer weiter. In Form von Handeln und Erleben lernen die Kinder im gelenkten Spiel Sachzusammenhänge spielerisch kennen. Die Erzieherin nimmt dabei die Rolle der Moderatorin ein.

Einigen Sie sich auf ein Beobachtungsverfahren

Im freien und im gelenkten Spiel ist es beim offenen Konzept dringend nötig, dass Ihre Mitarbeiterinnen den Entwicklungsstand der Kinder beobachten. Werden Auffälligkeiten, Defizite oder besondere Stärken erkannt, sollten die Erzieherinnen mit den Eltern ins Gespräch kommen und den Kindern in Form von gezielten Angeboten Hilfestellungen geben und Herausforderungen stellen, um die Auffälligkeiten in spielerischer Form aufzuarbeiten. Die Beobachtung der Kinder darf in der offenen Arbeit nicht dem Zufall überlassen werden. Gerade das offene Konzept bietet den Vorteil, dass eine Erzieherin gezielt Kinder beobachten kann, während die anderen Mitarbeiterinnen sich wie immer am Gruppengeschehen beteiligen. Für das Konzept der offenen Arbeit eignet sich besonders gut die Portfoliomethode als Beobachtungsinstrument. Die Portfoliomappe kann in der offenen Arbeit sehr gut um 5-Minuten-Beobachtungen ergänzt werden. Dabei beobachtet eine Erzieherin ein Kind bei einer beliebigen Tätigkeit 5 Minuten lang und macht sich während der Beobachtung sofort Notizen.
Tipp für Ihre Praxis: Buchen Sie eine Inhouse-Schulung für Ihr ganzes Team zur Portfolioarbeit. Damit gelingt es, bei allen Mitarbeiterinnen einen einheitlichen Wissensstand zu erreichen.

Legen Sie Zuständigkeiten fest

Das offene Konzept scheitert oft daran, dass die Zuständigkeiten innerhalb des pädagogischen Teams nicht verbindlich und transparent festgelegt werden. Legen Sie deshalb besonders großen Wert auf die Beantwortung der folgenden Fragen, bevor Sie das offene Konzept in Ihrer Einrichtung einführen:

  • Welche Erzieherin soll Bezugserzieherin für ein bestimmtes Kind sein?
  • Wie werden die Kinder aufgeteilt?
  • Was sind die genauen Aufgaben einer Bezugserzieherin?
  • Nach welchem Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren sollen die Kinder beobachtet werden?
  • Wie und wann tauschen sich die Erzieherinnen über die Kinder aus?
  • Wie halten die Erzieherinnen den Kontakt zu den Eltern des Kindes?
  • Wer führt die Entwicklungsgespräche mit den Eltern?
  • Wie verteilen sich die Erzieherinnen in den Bereichen / Räumen?
  • Wie häufig wechseln die Erzieherinnen die Bereiche?
  • Wie werden die Kinder auf die Schule vorbereitet?
  • Wie wird die Eingewöhnungsphase für die Kinder gestaltet?
  • In welcher Form findet während der Eingewöhnungsphase der Wechsel in die Bereiche statt?

Offene Arbeit ist ein Konzept, das von der Kommunikation der Mitarbeiterinnen des Teams und vom Austausch und der Flexibilität aller Erzieherinnen lebt. Dort, wo die offene Arbeit einmal erfolgreich eingeführt ist, liegen die Erfolge auf der Hand!

Tabelle: So verknüpfen Sie die Bildungsvorgaben mit den Spiel- und Lernbereichen in der offenen Arbeit

Bildungsvorgaben
Spiel- und Lernbereiche
Soziales Lernen Puppenecke Verkleidungsbereich für Rollen- und Familienspiele Bau- und Konstruktionsbereich Turnraum oder Bewegungsbaustelle Experimentierbereich, in dem die älteren Kinder den jüngeren helfen oder Experimente vorführen, zeigen und erklären Werkecke, in der Kinder miteinander werken und sich gegenseitig Hilfestellung und Beratung geben können
Sprache, Literacy und Kommunikation (Vor-)Lesebereich mit altersgerechter und unterschiedlicher Literatur: Märchenbücher, Bücher zum Vorlesen, Bilderbücher, Comics, Gedichtbände Bibliothek zum Ausleihen von Kinderbüchern Schreib- und Lesewerkstatt mit Tafel, Setzkästen, Anlauttabellen, Büchern mit großen Druck- und Schreibschriftbuchstaben, Sandpapierbuchstaben zum Ertasten, Stempeln, alter Schreibmaschine Kreisförmiger zentraler Bereich für Diskussionen, Abstimmungen und Kinderkonferenzen Fotoecke mit Alben von gemeinsamen Ausflügen und Erlebnissen der Kita-Gruppe und mit Fotos, Collagen und Postern aus dem Gruppenalltag

Bewegung, Geschicklichkeit und Motorik Turn- und Bewegungsraum mit frei zugänglichen Materialien Bewegungsbaustelle mit großen Schaumstoffelementen, Matten, Bällen, Noodles Außengelände mit Fahrzeugen, z. B. Roller, Laufräder, Fahrräder Kletterbereich, z. B. Kletterwand, Klettertau, Seil- und Tauparcours, Parcours für Slag-Lines (Seile zum Balancieren) Freiraum auf dem Außengelände, der je nach den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder gestaltet werden kann, z. B. als Möglichkeit zum gemeinsamen Hüttenbauen oder als Gelände für Räuber- und-Gendarm-Spiele Feinmotorik, Kreativität und Fantasie Kreativraum mit: Ton, unterschiedlichen Farben, Materialien wie Stoffen, Papier, Filz, Tonpapier, Karton Werkstatt mit Holz und Werkzeugen wie Sägen, Hammer, Nägeln, Schrauben, Leim Schminkecke mit Theaterschminke und Spiegeln Bistrobereich mit Möglichkeit, Getränke selbst einzuschenken, Brote mit Butter zu bestreichen, Karotten zu schälen Papierwerkstatt zum eigenen Herstellen und Schöpfen von Papier Filzbereich zum eigenen Filzen von kleinen Gegenständen

Naturwissenschaft und Technik Experimentierbereich mit Gegenständen zum Erforschen, Auseinanderbauen und Zusammensetzen, z. B. alte Wecker, PC-Festplatte, Kasse Materialien wie Erde und Samen, z. B. Kresse oder Sonnenblumenkerne Matschbereich mit Wasser, Erde und Sand im Außenspielbereich, bei dem die Kinder Staudämme und Wasserbahnen konstruieren können Wasserwerkstatt mit Gefäßen in unterschiedlicher Größe zum Schöpfen und Umfüllen von Wasser, z. B Trichter, Eimer, Vasen, Reagenzgläser, Flaschen und Gläser

Mathematisches Lernen Würfel, Spielgeld, Pyramiden zum Zusammenstecken Zeitatelier: Sanduhren in unterschiedlicher Größe zum Veranschaulichen von Zeit, unterschiedliche Uhren, Wecker, digitale Zeitmesser Standspiegel zum Spiegeln von Gegenständen Pendel-Waage zum Auswiegen verschiedener Gegenstände Bausteine in verschiedenen Größen zum Ordnen nach der Größe Materialien für den Zahlenraum bis 100: Rechenschieber, Einer- und Zehnerreihen, Hundertertafel, Zählstreifen, Hunderterblöcke