Setzen Sie Anregungen der „École Maternelle“ zum Spiel mit Buchstaben um

Schreiben lernen die Kinder in der Schule. Und das soll auch so bleiben. Doch fast alle Großen in Ihrer Gruppe können bereits ihren Namen oder einfache Wörter wie Mama oder Papa schreiben. Viele Kinder haben bereits vor der Schule Spaß an der Welt der Buchstaben. Der Blick nach Frankreich zeigt, dass die Kinder damit nicht überfordert werden.

Die „École Maternelle“ in Frankreich

In Frankreich besuchen nahezu alle Kinder eine „École Maternelle“, eine Vorschule. Diese Vorschulen werden politisch sehr unterstützt und genießen eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Der Schwerpunkt liegt auf einem bildungspolitischen Ansatz, die „École Maternelle“ soll die Basis für das Lernen – vor allem schulisches Lernen – legen. Das geschieht meist in der Arbeit mit der ganzen Gruppe und in angeleiteten Projektarbeiten. Die „École Maternelle“ besitzt dadurch einen deutlich stärkeren schulischen Charakter als die Elementareinrichtungen in Deutschland. Im letzten Jahr lernen die französischen Vorschulkinder bereits Lesen, Schreiben und Rechnen. Es heißt, dass ein späteres leichtes Lernen eng mit dieser frühen Einführung zusammenhängt.

Eine stärkere „Verschulung“ Ihrer Arbeit mit den Kindern wie in Frankreich unterstützen Sie sicher nicht. Doch verstanden als Anregung, Ihr Angebot für die Kinder zu erweitern, lohnt sich der Blick zu den französischen Nachbarn, denn viele Kinder wollen sich von sich aus mit Buchstaben und dem Schreiben beschäftigen, finden es spannend, bereits im Kindergarten durch spielerisches Schreiben und Lesen in die Welt der Erwachsenen und der Schule einzutauchen. So kann der Übergang in die Schule noch fließender gelingen.

Lassen Sie sich also von der „École Maternelle“ anregen und erweitern Sie mit einem Buchstaben-Labor Ihr Bildungs- und Erfahrungsangebot für die Kinder – auf spielerische Art und Weise, die den Kindern sicher Spaß macht!

Gehen Sie dabei Schritt für Schritt vor, dann werden Sie Ihre Einrichtung um ein gelungenes Angebot bereichern.

1. Schritt: Diskutieren Sie den Rahmen des Angebotes

Im Team machen Sie sich  Gedanken über die Form des neuen Angebotes: Soll es völlig freiwillig von den Kindern genutzt werden oder wollen Sie durch bestimmte Angebote oder Projekte erreichen, dass sich alle Kinder, z. B. im letzten Jahr vor der Schule, mit diesem Angebot auseinander setzen? Soll es Kinder jeden Alters ansprechen oder eher Ihre Großen? Diskutieren Sie dazu Ihre Meinungen und legen Sie dann entsprechend Ihre Vorgehensweise fest.

2. Schritt: Erläutern Sie den Eltern Ihr Angebot

Die Eltern werden sicher auf Ihr neues Angebot reagieren. Erklären Sie deshalb Ihr Anliegen und Ihre Ziele. Sonst entstehen schnell falsche Einschätzungen, etwa dass die Kinder Lesen und Schreiben lernen oder dass Sie Inhalte der Schule vorwegnehmen. Gut informiert, werden sicher auch die Eltern von Ihrem neuen Angebot begeistert sein!

3. Schritt: Richten Sie ein Buchstaben-Labor ein

Zunächst braucht Ihr Angebot einen geeigneten Platz und einen ansprechenden Namen! Überprüfen Sie unter diesem Gesichtspunkt Ihren Gruppenraum. Vielleicht bietet sich an, dass Sie 2 bisherige Spielbereiche zusammenlegen oder einen Bereich neu abteilen und so Platz gewinnen. Möglicherweise gibt es außerhalb des Gruppenraumes einen Bereich, den die Kinder der ganzen Einrichtung dann nutzen können. Im Buchstaben-Labor sollten die Kinder auf jeden Fall die Möglichkeit haben, sich ungestört auf ihre Arbeit konzentrieren zu können. Eine ansprechende Gestaltung des neuen Bereichs können Sie einfach gemeinsam mit den Kindern vornehmen, sicher haben sie kreative Vorschläge!

4. Schritt: Bieten Sie vielfältige Spielmöglichkeiten

Je spielerischer und selbstständiger die Kinder tätig werden dürfen, desto ansprechender wird das Angebot für sie sein. Folgendes bietet sich an:

  • Organisieren Sie, beispielsweise über die Eltern, eine alte Schreibmaschine. Diese Maschine hat einen hohen Aufforderungscharakter. Mit einer mechanischen Schreibmaschine werden sich die Kinder leichter tun, weil sie die richtigen Buchstaben auf der Tastatur besser treffen und nicht so leicht auf die falschen Tasten kommen wie bei elektrischen Geräten.
  • Legen Sie viele Zeitungen bereit. Sie können zerschnitten werden oder es kann hineingemalt werden. Die Kinder können z. B. auf die Suche nach den Buchstaben ihres Namens gehen und sie anstreichen. Oder als Detektive nach einzelnen Buchstaben ermitteln: Wie viele „A“ können auf einer Seite entdeckt werden?
  • Der Klassiker Memory kann auch zum Einsatz kommen. Dann werden nicht die gleichen Bilder zu Paaren, sondern die, die mit dem gleichen Laut anfangen oder gleiche Laute beinhalten.

Wichtiger Hinweis: Was und wie das Kind schreibt, sollten Sie nur verbessern, wenn es ausdrücklich fragt, wie ein Wort richtig geschrieben wird.
„Der Weg ist das Ziel!“, so heißt eine bekannte asiatische Weisheit. Das Experimentieren und die Freude an ihrer Arbeit sind für die Kinder auch im Buchstaben-Labor das Wichtigste. So werden Lernprozesse in Gang gesetzt, die nach außen sichtbar sind oder eben auch nicht. Lassen Sie sich von den Kindern auf ihrem Weg überraschen …


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