Ein Kind mit schöner Handschrift, ein talentierter Nachwuchspianist und ein junger Basketballspieler haben eines auf jeden Fall gemein: Eine gute Auge-Hand-Koordination. Dagegen entwickeln Kinder, die im Vorschulalter Probleme in Bereichen der Feinmotorik haben, in der Schule häufiger Lernstörungen. Durch gezielte Übungen und Spiele können die sogenannten visuomotorischen Fähigkeiten von Kindern jedoch bereits in der Kita gefördert werden.
Die Hand-Koordination gilt als ein Bereich der Feinmotorik. Die Grobmotorik, zu der unter anderem auch die Bewegungssicherheit von Kindern zählt, und die Feinmotorik decken zusammen den Bereich der Motorik ab. Zur Hand-Koordination gehören also alle feinmotorischen Bewegungen, die möglichst präzise von den Händen, Handgelenken und Fingern ausgeführt werden. Muss das Kind seine Wahrnehmung (meistens das eigene Sehen) und seine Bewegungen gleichzeitig koordinieren, spricht man von der Auge-Hand-Koordination.
Zum Bereich der Feinmotorik zählen weiterhin folgende motorische Fähigkeiten:
Die Entwicklung dieser feinmotorischen Fähigkeiten lässt sich durch Spiele im Kindergarten sukzessive fördern. Dabei ist für die Hand-Koordination der Einsatz unterschiedlicher Koordinationsübungen besonders wichtig. Denn nur durch die Varianz unterschiedlichster Bewegungen wird das präzise Ansteuern der Muskeln gezielt trainiert.
Die Hand-Koordination ist die Grundlage für viele alltägliche Bewegungen. Das Tippen einer Nachricht auf dem Smartphone, das Öffnen eines Türschlosses oder das Schälen einer Karotte wäre ohne sie nahezu unmöglich. Das Schreibenlernen und damit weitere schulische Leistungen hängen in großem Maße schon davon ab, ob das Kind einen Stift problemlos halten kann. Treten dabei bereits Schwierigkeiten auf, kann es zu weiterführenden Lernstörungen kommen.
Vor allem im Kindesalter ist die Entwicklung von Körper und Gehirn eng miteinander verbunden. Daher ist es wichtig, die motorischen Fähigkeiten bewusst durch gezielte Spiele, Aktivitäten und Koordinationsübungen zu fördern. Ein Kind, dessen feinmotorische Fähigkeiten gut entwickelt sind, tut sich oft auch leichter, bestimmte Aufgabenstellungen zu bearbeiten. Somit werden also ebenfalls die Leistungen bei kognitiven Aufgaben positiv beeinflusst.
Neugeborene müssen erst noch lernen, Muskeln bewusst zu steuern. Generell läuft diese Entwicklung in 3 Stufen ab. Während im ersten Lebensjahr des Babys der Greifreflex zunächst zu einer Bewegung ausgebaut wird, entwickeln sich bei Kleinkindern bereits erste koordinative Fähigkeiten.
Der typische Greifreflex bei Neugeborenen, zum Beispiel um den Finger eines Erwachsenen, entwickelt sich innerhalb des ersten Lebensjahres zu einer bewussten Greifbewegung. Das Kleinkind nimmt am Ende dieser Phase Gegenstände wahr und leitet Bewegungen selbst ein. Es zeigen sich dabei noch erhebliche Schwierigkeiten bei der Ausführung feinmotorischer Bewegungen.
Die Psychomotorik des Kindes entwickelt sich. In dieser Phase möchte das Kind seine motorischen Fähigkeiten an unterschiedlichsten Gegenständen ausprobieren. Es baut erste kleine Türme, greift nach einem Stift oder Wollfaden oder rollt einen Ball gegen eine Wand. Bestimmte herausfordernde Aufgaben, wie das Essen mit einem Löffel, scheitern häufig noch. Dies liegt vor allem an der fehlenden Visuomotorik, also der Abstimmung der Augen auf die Bewegungen der Hände.
Ab dieser Stufe kann die Koordination der Kinder durch motorische Spiele gefördert werden. Feinmotorische Bewegungen sind zum Teil möglich, Augen und Hände sind grob aufeinander abgestimmt. Wenn auch noch mit einigen Schwierigkeiten. Das Kind kann einzelne Finger nun bewusst steuern, um zum Beispiel im Garten ein Blatt vom Rasen aufzuheben, einen Wollfaden um die Hand zu wickeln oder mit dem Stift auf einem Blatt Papier zu kritzeln.
Bei der Förderung eines Kindes im Kindergartenalter sollten niemals seine Leistungen im Vordergrund stehen. Außerdem liegt es an den pädagogischen Fachkräften, Spiele nicht als Koordinationsübungen zu verstehen, die nur bei regelmäßigem „Training“ Früchte tragen. Eine effektive Förderung gelingt durch eine Auswahl an Spielen, an denen das Kind von sich aus üben und sich ausprobieren kann.
Fingerspiele sind bei Kindern sehr beliebt. Gleichzeitig fördern Fingerspiele die Psychomotorik wie kaum ein anderes Spiel. Dabei werden zu einem Lied oder einem gereimten Text bestimmte Bewegungen vom Elternteil oder Erzieher vorgemacht.
Im Falle des Fingerspiels „Zwei kleine Fische“ imitiert man zum Beispiel mit der Hand die Form und schwimmende Bewegung eines Fischs. Das Kind beginnt mit der Zeit, die Bewegungen nachzuahmen und die Verse nachzusprechen oder nachzusingen. Je häufiger das Fingerspiel wiederholt wird, desto mehr entwickeln sich Freude und Koordinationsfähigkeit des Kindes. Das schnelle Erfolgserlebnis, die feinmotorischen Übungen immer besser ausführen zu können, steigert die Motivation der Kinder, von sich aus weiter zu üben.
Weitere bekannte und beliebte Fingerspiele sind:
Diese Beispiele und einige mehr sind mit Lied und Text auch auf YouTube zu finden. Das Gehirn des Kindes wird dabei, je nach Schwierigkeit des Textes und der Bewegungen, sehr vielseitig beansprucht. Sowohl die Auge-Hand-Koordination (Imitation der Bewegung der Eltern) als auch die Psychomotorik (Sprechen des Textes während der Bewegung) werden gleichzeitig gefordert.
Ein Spiel, das sich ganz einfach mit einem Stift und einem Blatt Papier spielen lässt, ist das Spiel „Autorennen“. Der Erzieher oder der Elternteil zeichnet mit einem Stift zwei geschwungene bis kurvige Linien auf das Blatt, die in etwa den gleichen Abstand haben sollten. Diese Linien dienen im Folgenden als „Rennstrecke“. Aufgabe des Kindes/der Kinder (das Spiel kann auch zu zweit gespielt werden) ist es nun, mit dem Stift so schnell wie möglich der Rennstrecke zu folgen, ohne die Linien, die die Straße begrenzen, zu berühren.
Haben Kinder auch nach einiger Zeit noch große Probleme mit dieser Übung für die Visuomotorik, können sich später Schwierigkeiten beim Schreibenlernen ergeben.
Achtung: Koordinationsstörungen sind meist Voraussetzung und Ursache für weiterführende Entwicklungsstörungen im Lese- und Rechtschreibbereich.
Weist ein Kind hier nach Ansicht der Eltern oder Erzieher starke Defizite im Vergleich zu anderen Kindern auf, sollte professioneller Rat bei einem Arzt oder Therapeuten gesucht werden.
Dieses Spiel ist für eine Gruppe von mindestens acht Kindern in einer Kita geeignet. Die Kinder spannen zusammen ein Schwungtuch auf, auf das der Erzieher oder die Erzieherin einen Schaumstoffball legt. Aufgabe für die Kinder ist es nun, das Schwungtuch so in Bewegung zu bringen, dass der Ball auf und abspringt.
Noch anspruchsvoller für die Koordination der Kinder wird es, wenn der Ball möglichst nah am Rande des Schwungtuchs im Kreis rollen soll, ohne zu hüpfen. Eine leichte, aber stetige Steigerung der Schwierigkeit der Aufgaben ist wichtig, damit die Kinder die Freude und das Interesse am Spiel behalten.
Dieses Spiel kann ein Kind gut alleine und deswegen auch zu Hause bei den Eltern spielen. Dazu ordnet ein Elternteil acht Punkte auf einem Blatt Papier so an, dass sie ein Achteck bilden. Aufgabe für das Kind ist es nun, alle möglichen Punktkombinationen miteinander zu verbinden, sodass ein „Diamant“ entsteht. Es gehen also sieben Linien von jedem Punkt aus. Will man die Wahrnehmung etwas haptischer gestalten, kann man auch acht Nägel in ein Brett schlagen und das Kind die Nägel mit einem Wollfaden verbinden lassen.
Die Feinmotorik von Kindern wird durch viele Aktivitäten und Spiele, die Kinder ohnehin gerne ausüben, quasi ganz „nebenbei“ gefördert. Demnach ist es sinnvoll, egal ob zu Hause oder in der Kita, Möglichkeiten und Raum für folgende Aktivitäten zu geben, bei denen sich die Kinder entfalten können:
Solche Spiele und Aktivitäten stärken die Verbindung zwischen Körper und Gehirn und damit die Koordination des Kindes insgesamt. Entwicklungs- oder Koordinationsstörungen sowie später Schwierigkeiten oder Störungen beim Lesen und Schreiben entstehen deutlich seltener.
Kinder, die in der Grundschule bereits Lernstörungen aufweisen, haben oftmals zugleich Probleme mit der Konzentrationsfähigkeit. Denn einerseits ist es anstrengend, sich auf Rechenaufgaben zu konzentrieren, wenn schon das Halten des Stiftes Schwierigkeiten bereitet. Andererseits fehlt Kindern, die solche oder ähnliche Anzeichen einer Entwicklungsstörung im Lernbereich aufweisen, auch einfach noch etwas Übung, sich auf leichtere Aufgaben wie eben Kneten oder Malen zu konzentrieren. Konzentrationsfähigkeit über einen längeren Zeitraum ist eine Voraussetzung für den späteren Schulalltag und wird durch die genannten Aktivitäten ebenfalls spielerisch geschult.
Auch wenn Kinder im Kindergartenalter noch deutlich schneller lernen als Erwachsene, heißt es auch für sie: Üben, üben, üben. Eltern sollten deshalb darauf achten, ihre Kinder so viel wie möglich „machen zu lassen“, auch wenn das manchmal etwas Geduld erfordert. Doch gerade bei alltäglichen Bewegungen wie dem Zuknöpfen der Jacke, Anziehen und Binden von Schuhen oder Schneiden der Pizza lernt das Kind ganz beiläufig, seine Muskeln richtig zu koordinieren.
Den Eifer und die Übungen ihrer Kinder können sich Eltern sogar zunutze machen: Beispielsweise als fleißigen Helfer beim Wäscheaufhängen oder als Backlehrling beim Plätzchenbacken in der Vorweihnachtszeit. Generell sollte das Kind bei so vielen Aktivitäten wie möglich aktiv eingebunden werden.
Bei der Förderung des eigenen Kindes ist hier manchmal Kreativität gefragt. Wie kann ich das Kind zum Beispiel beim Einpacken von Geschenken für Bekannte mit einbinden? Wie kann es mir beim Kochen behilflich sein und sich damit nützlich fühlen? Generell gilt: Je häufiger ein Kind feinmotorisch mit unterschiedlichsten Gegenständen umgehen muss, desto größer werden seine Fähigkeiten und seine Freude an der eigenen Selbstständigkeit.
Autor: Redaktion Pro Kita-Portal (2020)