Sprechmotorik bei Kindern

Sprache ist ein notwendiges Mittel, um sich auszudrücken und die eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse zu kommunizieren. Nur mit Sprache können Fragen gestellt und Antworten gesucht werden. So sind auch Kinder neugierig und nutzen Sprache, um die Welt zu erkunden. Essenziell ist dabei die Motorik der Sprechorgane. Während Kinder im Kindergarten oder in der Kita vor allem viel spielen und lernen, mit anderen Kindern umzugehen, können pädagogische Fachkräfte den Rahmen auch für das Training der Sprechmotorik nutzen. Gerade Sprach- und Sprechstörungen sollten früh erkannt und behandelt werden. Neben einer logopädischen Behandlung können zum Beispiel auch Sprachspiele im Kindergarten weiterhelfen.

Sprechen: Entstehung und Motorik

Die Entstehung von Lauten und Worten passiert die meiste Zeit über unbewusst. Ein Mensch redet, ohne aktiv darüber nachzudenken, wie er seinen Mund formen muss, damit ein Wort herauskommen kann. Sprache entsteht jedoch durch ein komplexes Zusammenspiel vieler verschiedener Aktivitäten im Gehirn. Während es zum Beispiel ein Hirngebiet gibt, das für die Erinnerung zuständig ist, beschäftigen sich andere Areale mit der Sprache und dem Sprechablauf.

Genauso wie die Bewegung von Händen und Füßen durch bestimmte Hirnareale gesteuert wird, gibt es auch einen Bereich, welcher für die Steuerung von Lippen und Kiefer verantwortlich ist. Auf diese Weise zeigt sich, dass Sprechmotorik vielschichtig ist und durch unterschiedliche Einwirkungen beeinflusst wird. Im Kindergarten fällt vor allem fehlerhafte Sprechmotorik auf: In den meisten Kita-Gruppen gibt es Kinder, die Sprachauffälligkeiten zeigen. Jeder Erzieher kennt Fälle von Sprach- und Sprechstörungen: Sei es ein fehlerhaft ausgesprochener S-Laut durch eine inkorrekte Atmung oder die Neigung, Wörter mit dem Buchstaben R falsch auszusprechen.

Sprechmotorik: Was steckt dahinter?

Bei der Arbeit mit Kindern kommen pädagogische Fachkräfte regelmäßig mit Störungen der Sprache ihrer Schützlinge in Kontakt. Dabei zeigt sich, dass sich diese Auffälligkeiten in zwei verschiedene Arten unterteilen lassen. Zum einen gibt es Sprachstörungen. Diese betreffen die Grammatik, den Wortschatz oder auch die Kommunikationsfähigkeit der Kinder. Zum anderen existieren auch Sprechstörungen. Dabei sind häufig die Funktion und der Einsatz der Organe beeinträchtig, die das Sprechen ermöglichen. Diese Unterscheidung ist wichtig, um die richtige Behandlung und die passenden Übungen für das betroffene Kind zu finden.

Häufig ist nicht sofort sichtbar, ob die Probleme des Sprechablaufs durch eine Schädigung der Sprechorgane oder eine völlig andere Ursache zustande kommen. Fällt ein Kind durch seine Sprache auf, ist es zunächst sinnvoll, es über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Beim Spielen in der Gruppe oder auch während einzelner Gespräche mit dem Kind können Sie Besonderheiten, wie zum Beispiel Probleme bei der Lautbildung oder Artikulation, wahrnehmen. In der Sprachentwicklung oder sprachlichen Bildung kann es völlig normal sein, dass Kinder Schwierigkeiten mit bestimmten Wörtern oder Grammatikelementen haben. Dabei handelt es nicht sofort um eine Störung. Daher ist die längerfristige Beobachtung in jedem Fall sinnvoll.

Sprach- und Sprechstörungen: Auffälligkeiten erkennen

Im Umgang mit Kindern fallen einige Artikulationsstörungen häufiger auf als andere. Weiter verbreitet und bekannt sind zum Beispiel das Stottern beim Sprechen oder auch lispelnde Sprache. Die einzelnen Störungen lassen sich nicht nur in Auffälligkeiten beim Formen des Sprachinhalts und in körperliche Problematiken unterteilen. Denn: Für die einzelnen Störungsbilder gibt es meist auch bestimmte Fachbegriffe.

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Mit gezielten Sprachübungen kann man schon bei den kleinsten Kindern vorbeugen © Africa Studio – Shutterstock

Sobald Sie eine Auffälligkeit in der Sprache eines Kindes bemerken, sollten Sie mit den Eltern des Kindes sprechen. Unter Umständen haben sie die Sprachstörung bereits untersuchen lassen. Sollte das nicht der Fall sein, können Sie auf die Möglichkeit einer Behandlung aufmerksam machen. Eine korrekte Diagnose stellt die Basis für eine zielführende Therapie des Problems dar. Aus diesem Grund sollten die Kinder von einem Arzt oder einem Logopäden untersucht bzw. beurteilt werden. Anschließend kann ein passender Behandlungsplan erstellt werden.

Die Rolle der pädagogischen Fachkräfte und Erzieher beschränkt sich zunächst auf das Erkennen der Sprach- und Sprechstörungen. Der Alltag im Kindergarten bietet nicht den richtigen Rahmen für eine angemessene Behandlung des Problems. In einigen Fällen kann zum Beispiel ein regelmäßiger Besuch bei einem Logopäden oder ein einmaliger Eingriff beim Arzt dem Kind und den Eltern weiterhelfen.

Erklären und Handeln: Das ist bei Sprach- und Sprechstörungen zu tun

Wie bereits erwähnt, ist zum Beispiel das Stottern eine bekannte und relativ verbreitete Sprachstörung. Auch das sogenannte Poltern ist vielen Eltern und Erziehern bekannt. Obwohl die Auffälligkeiten keine Seltenheit sind, lohnt sich in vielen Fällen eine genauere Untersuchung. Die Ursachen für die Störungen können sehr unterschiedlich sein. Um körperliche Schädigungen als Grund für die Probleme ausschließen zu können, ist eine ausführliche Diagnostik notwendig. Doch wie unterscheiden sich die einzelnen Sprach-, Sprech- und Artikulationsstörungen?

  • Stottern: Störung des Redeflusses durch eine Wiederholung einzelner Buchstaben, Silben, Laute oder ganzer Wörter.
  • Poltern: Beeinflussung des Redeflusses durch Auslassen von Wörtern oder undeutliches Sprechen.
  • Sigmatisums: Das Störungsbild ist den meisten Menschen als Lispeln gut bekannt.
  • Angst vor dem Sprechen: Die Furcht wird auch als Logophobie bezeichnet. Betroffene Kinder sprechen nicht viel und fühlen sich beim Reden sichtbar unwohl. Das kann sogar die Atmung betreffen.
  • Dyslalie: Viele Eltern und pädagogische Fachkräfte kennen das Problem. Kinder verwechseln bestimmte Laute oder setzen sie falsch ein. Die Artikulationsstörung äußert sich demnach in der Aussprache der Kinder. Aus „Kugel“ wird zum Beispiel „Tudel“.
Gezielte Übungen für Sprachprobleme
Mit gezielten Übungen können bei Kindern Sprachprobleme behoben werden © Dan Race – Shutterstock

Bei jedem Kind kann die jeweilige Störung eine andere Ursache haben. Gerade weil die Sprachstörung den Betroffenen unangenehm werden kann, ist eine frühzeitige Erkennung und Behandlung sinnvoll. Durch eine logopädische Therapie können die Kinder üben, mit der Auffälligkeit umzugehen. Logopädie kann auch als Ansatz für Sprachspiele im Kindergarten dienen. Denn: Zungenbrecher oder Kinderreime trainieren die Aussprache der Kinder und machen sie sprachlich fit.

Sprach- und Sprechstörungen: Einschränkung der Sprechorgane oder der Artikulation?

Neben den bekannteren Problematiken spielen auch einige seltenere Störungsbilder wie eine Dysarthrie, eine Aphasie oder eine Entwicklungsdyspraxie eine wichtige Rolle.

Die Auffälligkeiten betreffen, genauso wie die oben genannten Störungen, das Sprechen und die Sprechmotorik von Kindern:

  • Dysarthrie: Der Begriff umfasst Störungen, die durch die Schädigung des Gehirns oder bestimmter Nerven zustande kommen. Betroffen sind bei einer Dysarthrie unter anderem Organe und Körperbereiche, die für die Atmung sowie die Artikulation benötigt werden. Obwohl eine körperliche Schädigung nicht häufig die Ursache für die Sprechstörung eines Kindes ist, sollte sie als mögliche Quelle des Problems in Betracht gezogen werden.
  • Aphasie: Die Aphasie bezeichnet die Schädigung derjenigen Hirnhälfte, die unter anderem für die Sprache zuständig ist. Durch den Schaden können verschiedene Syndrome und Störungen beim Sprechen, aber auch beim Verstehen und zum Beispiel beim Schreiben entstehen. Dabei sind nicht die zuständigen Körperteile der Sprechmotorik geschädigt, sondern die steuernde Quelle im Gehirn.

Ob ein Kind unter einer der genannten Störungsbilder leidet, kann nur eine ärztliche Untersuchung herausfinden.

Was ist die Ursache für Sprach- und Sprechstörungen?

Handelt es sich nicht um eine Dysarthrie oder eine Aphasie, sollten auch eine Sprechapraxie oder eine Entwicklungsdyspraxie in Erwägung gezogen werden. Pädagogische Fachkräfte und Erzieher entdecken im Umgang mit den Kindern unter Umständen, dass vereinzelt Probleme bei der Lautbildung auftreten. Auch Artikulationsstörungen können unterschiedliche Quellen haben.

  • Sprechapraxie: Dieses Störungsbild geht meist mit einer Aphasie einher und beeinflusst das Programm für den Sprechablauf. Beispielsweise verändert die Sprechapraxie die Lautbildung. In vielen Fällen besitzen die betroffenen Kinder ein Störungsbewusstsein und merken, dass ihnen das Sprechen nicht so gelingt wie anderen. So können Frust und Ärger aufkommen.
  • (Verbale) Entwicklungsdyspraxie: Das Störungsbild beinhaltet eine Einschränkung der Sprechbewegungen. Das bedeutet, dass die Sprache der betroffenen Kinder undeutlich wird, da sich beispielsweise die Lippen und die Mundmotorik nicht so verhalten, wie sie sollten. Vermutlich hat die Störung ihren Ursprung in einer fehlerhaften Planung des Sprechakts.

Die Ursache für die Sprach- oder Sprechstörung eines Kindes kann offen oder relativ versteckt liegen. In jedem Fall ist es ratsam, die Auffälligkeit von einem Arzt oder Logopäden aufklären zu lassen. Es kann sich bei der Störung sowohl um eine Folge einer körperlichen Behinderung handeln als auch um eine Entwicklungsstörung.

Abhängig von der Diagnose kann zum Beispiel Logopädie die richtige Therapie sein, um das Problem in den Griff zu bekommen. Oft haben sich Eltern schon gut informiert. Trotzdem lohnt es sich, unter Umständen einen Logopäden oder Arzt ausfindig zu machen, den man den Eltern der Kinder gegebenenfalls weiterempfehlen kann.

Sprechmotorik trainieren und üben

Kinder lernen durch das Beobachten von Erwachsenen. Häufig übernehmen sie die beobachteten Verhaltensweisen und Ansichten anschließend. Auf diese Weise spielt auch Ihre und die Sprache der Eltern eine wichtige Rolle: Die Art der Kommunikation und der Formulierung von Wörtern und Sätzen zeigt den Kindern, wie Sprache funktioniert. Dabei ist nicht nur der Inhalt Ihrer Aussagen wichtig, sondern auch der tatsächliche Sprechakt.

Die Stimme der Erwachsenen, das Sprechtempo und auch die Deutlichkeit, mit der Wörter ausgesprochen werden, beeinflussen das Verständnis und den Lerneffekt bei den Kindern. Damit die Kinder Wörter richtig lernen und diese korrekt aussprechen können, müssen sie sie richtig aufgenommen haben. Es ist generell sinnvoll, deutlich und nicht zu schnell mit den Kindern zu reden. Fallen Ihnen Aussprache oder auch grammatische Fehler auf, sollten Sie die Kinder dafür nicht streng korrigieren. Günstig ist es, das jeweilige Wort oder den Satz in Ihrer Antwort selbst richtig zu verwenden. So lernt das Kind den korrekten Umgang mit den Sprachelementen, ohne gemaßregelt zu werden.

Sprechmotorik bei Kindern: Die richtigen Übungen finden

Der Rahmen, in dem Erzieher und pädagogische Fachkräfte logopädische Übungen im Kindergarten umsetzen können, ist sehr begrenzt. Bei einer Sprach- oder Sprechstörung sollten sich Experten ganz individuell um die Bedürfnisse des Kindes kümmern. Nur durch intensives Üben und durch eine individuelle Therapie werden effektiv Erfolge erzielt.

Im Kindergarten sollte vor allem der Umgang mit den Störungen geübt werden. Die Kinder, die an einer Sprach- oder Sprechstörung leiden, sollten nicht den Glauben in ihre Fähigkeiten verlieren. Die restliche Gruppe sollte Respekt zeigen. Über das Kind darf auf keinen Fall gelacht werden. Je nach Alter der Kinder können Sie die Problematik zum Beispiel näher erklären. In jedem Fall gilt es, den Kindern zu verdeutlichen, dass Toleranz und Akzeptanz das A und O sind.

Die Sprechmotorik bei Kindern fördern

In Abhängigkeit von der Entwicklung des Kindes können unterschiedliche Übungen besonders hilfreich sein. In der logopädischen Behandlung wird viel mit der Motorik der Zunge, des Gaumens und der Kiefer gearbeitet. Im Rahmen der Sprachförderung im Kindergarten sind vor allem spielerische Ansätze sinnvoll. Es eignen sich mitunter:

  • Zungenbrecher üben
  • Watte pusten
  • Tiergeräusche nachahmen
Bei einem Logopäden Hilfe bei Sprachproblemen holen, Mädchen lernt sprechen, Mädchen lernt Laute
Ein Logopäde hat viele Möglichkeiten mit Kindern Übungen zu machen © Savicic – Shutterstock

Die Kinder sollten bei den Spielen ihre Lippen und verschiedene Sprechorgane zum Einsatz bringen. In der Kita-Gruppe können solche Spiele gut umgesetzt werden, da sie neben dem Training von Artikulation und Lautbildung auch Spaß bringen. Lieder mit schwierigen Lauten und Silben machen das Üben für die Kinder leichter. Durch Zungenbrecher wird zum Beispiel der Sprechablauf erlernt. So lässt sich Artikulationsstörungen effektiv entgegenwirken.

Auf diese Weise werden nicht nur betroffene Kinder gefördert: Es findet eine generelle Unterstützung der Sprachentwicklung statt. Durch die Kommunikation mit den Kindern vermitteln Sie den Kindern außerdem beispielhaft, wie Sprache gebraucht wird. Das angemessene Verbessern von Fehlern und die Förderung von Respekt und Akzeptanz steigern das Selbstbewusstsein der Kinder und prägen den weiteren Lernverlauf. Einzelne Elemente aus der Logopädie verbessern die Sprechmotorik der Kinder auch in Kindergarten und Kita.

Autor: Redaktion Pro Kita-Portal (2020)


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